Die Klasse der Medizinischen Fachangestellten 2015 war vor einigen Wochen in Hamburg-Eppendorf in der Rechtsmedizin. Die Auszubildenden hatten die Möglichkeit an der Eröffnung eines Leichnams teil zu nehmen und damit ihr theoretisches Wissen über die Anatomie des Menschen und das derzeitige Thema: „Das Verdauungssystem“ zu vertiefen.

Zunächst einmal stellte sich die Frage: „Wann wird eine äußere und innere Leichenschau durchgeführt (Obduktion)?“
Man unterscheidet zwischen einer klinischen und einer gerichtlichen Obduktion.
Wenn jemand an unnatürlichen Ursachen (Tötung, Selbstmord, Unfall…) stirbt, dann ordnet ein Staatsanwalt gerichtlich eine Obduktion zur Aufklärung der Todesursache an.
Wenn jemand im Krankenhaus eines natürlichen Todes stirbt, der behandelnde Arzt bei der Leichenschau die Todesursache nicht zuordnen kann, dann füllt er im Totenschein aus, dass eine klinische Obduktion erforderlich ist. So können mögliche Erb- oder Berufskrankheiten festgestellt werden.

Der Leichnam wurde zuerst äußerlich betrachtet. Merkmale wie Hautfarbe, allgemeiner körperlicher Zustand, Narben, Pigmentflecken, Verletzungen, Größe und Gewicht wurden notiert. Auch die Anzahl und Position der Leichenflecken wurden festgehalten. Anschließend wurde die Schädeldecke eröffnet, das Gehirn entfernt und gewogen. Das wurde allerdings vor dem Eintreten der Klasse durchgeführt. Der Schädel wurde durchgesägt, das ist sehr laut und nicht jeder Mensch kann so etwas ertragen.
Bei der Eröffnung des Brust- und Bauchraums waren die Auszubildenden dabei. Das Gehirn wurde in dünne Schichten geschnitten und gründlich untersucht. Mit dem Y-Schnitt wurde von beiden Schlüsselbeinen schräg zum Brustbein und dann abwärts bis zum Schambein geschnitten. Das Brustbein wurde entfernt, indem die Knorpel der Rippen durchtrennt wurden. Nun konnten die Organe im Einzelnen betrachtet werden. Die Rechtsmedizinerin holte die Organe einzeln heraus, hat Gewebeproben entnommen und nach Auffälligkeiten geschaut. Obduziert wurde ein junger Leichnam, deshalb konnten wir die Organe in einem guten anatomischen Zustand betrachten und auch berühren.

Eine Schülerin berichtete: „ Die Haut fühlte sich kalt und wie Leder an. Die Fettschicht war gelb und fühlte sich wie Schmalz an. Die Lunge war sehr weich, fühlte sich fast so an wie Schaum. Die Leber war glatt wie ein Brusthähnchen und größer als erwartet. Das Herz war ebenfalls sehr glatt, aber die Taschenklappen und Segelklappen fühlten sich eher rau an, die Zunge war auch größer als erwartet und fühlte sich sehr borstig an.“
Körperflüssigkeiten (Urin, Blut etc.) wurden entnommen, um Gifte auszuschließen (Drogenkonsum). Abschließend wurden dem Verstorbenen alle Organe wieder in den Bauchraum zurückgelegt und der Körper zugenäht. Die Schädeldecke wurde mit nassem Zellstoffpapier ausgestopft und verschlossen.

Unser Empfinden ein paar Tage nach dem Besuch des Instituts:
Der Geruch von Verwesung war noch in den Nasen, was das Essen von Fleisch schwer machte. Einigen war noch länger davon übel. Einige konnten eine Zeit lang nicht mehr richtig Ein- oder Durchschlafen. Der Gedanke, dass der Verstorbene vor ein paar Tagen noch lebte, beschäftige die Klasse schon sehr. Außerdem hätten sich die Auszubildenden gewünscht, zur Ehre des Verstorbenen, ein Tuch über sein Gesicht zu legen. So wäre es einigen vielleicht leichter gefallen, bei der Obduktion im Raum zu bleiben.

Ein besonders großes „Dankeschön“ an die beiden Lehrerinnen der Klasse. Mit deren Engagement haben die Schülerinnen eine spannende Erfahrung gemacht, die sie sicherlich niemals vergessen werden.

Annika Dell, MFA.15