Wir haben eine Leiche gesehen!
(Live-Obduktion im Uniklinikum Hamburg-Eppendorf; ein Bericht von Lena Lübker)

Am 28.01.2015 war es endlich soweit. Um 08:00 Uhr trafen wir, die Medizinischen Fachangestellten der Klasse MFA.12 des Berufsbildungszentrums in Bad Segeberg, uns vor dem Eingang der Uniklinik Hamburg-Eppendorf, dem Institut für Rechtsmedizin.

Bevor es losging, erklärte uns eine Rechtsmedizinerin in einem 90-minütigen Vortrag alles Wissenswerte im Bereich Rechtsmedizin, wobei wir auch die Möglichkeit bekamen, die Spezialistin mit unseren Fragen zu löchern.

Was ist der Unterschied zwischen einem Rechtsmediziner und einem Pathologen?
„Die Pathologie kümmert sich primär um diagnostische Befunde bei Patienten, die zum Beispiel in der Klinik behandelt werden. Dazu gehört die Untersuchung von Gewebeproben, die bei Operationen entnommen werden. Es werden dort auch Obduktionen der im Krankenhaus verstorbenen Personen durchgeführt.
Die Rechtsmedizin hat die Aufgabe, unklare Todesfälle zu untersuchen; meist handelt es sich um Fälle, die außerhalb von Kliniken verstorben sind – durch Unfall, Suizid oder eben auch Tötungsdelikte.“ (Süddeutsche.de, Matthias Graw, Rechtsmediziner)

Welche Aufgabenbereiche bietet die Rechtsmedizin?
Aufgabenbereiche der Rechtsmedizin, auch forensische Medizin genannt, sind umfangreicher als man denkt:
• Molekularbiologie (DNA-Untersuchungen)
• Thanatologie (Leichenschau bei bestimmten Todesfällen)
• forensische Sexualmedizin
• Drogenforschung und -diagnostik u. v. m.

Wie verläuft eine Obduktion?
Die Obduktion beginnt zunächst mit einer äußeren Besichtigung des Leichnams. Dabei werden Eckdaten wie das Gewicht, die Größe, die Hautfarbe und der allgemeine körperliche Zustand festgehalten. Auch Narben, Pigmentflecken und etwaige Verletzungen werden dokumentiert. Ebenso werden die Merkmale des Todes, etwa die Anzahl und Position der Leichenflecken, genau notiert. Nach der äußeren Leichenschau erfolgt das Öffnen des Körpers. Dabei werden verschiedene Organe untersucht. Nachdem die Untersuchung beendet wurde, wird der Leichnam versorgt und gewaschen, damit die Beisetzung auf dem Friedhof erfolgen kann.

Gut informiert wurden wir dann von einer Rechtsmedizinerin abgeholt und machten uns auf den Weg zum Obduktions-Saal.

Aus hygienischen und infektiösen Gründen kleideten wir uns in einem Nebenraum mit Kittel, Handschuhen und Mundschutz ein.

Durch ein großes Glasfenster sahen wir, wie Rechtsmediziner täglich arbeiten; denn da lag sie nun – die Leiche.

Die Schädeldecke war bereits geöffnet und das Hirn entnommen – bis auf ein paar Totenflecken war sie unversehrt. Gerade die Tatsache, dass diese Person eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, machte uns alle neugierig.
Im Rahmen unserer Ausbildung haben wir uns bereits einiges an medizinischem Wissen angeeignet, wodurch wir während der Obduktion mit rätseln konnten, und der netten Rechtsmedizinerin ständig Fragen stellen konnten. Interessant war es auch, die Anatomie des menschlichen Körpers nicht nur aus Lehrbüchern zu sehen.
Die Stimmung während der zweistündigen Obduktion war angenehm und locker, wahrscheinlich lag dies aber auch ein bisschen an der Ärztin.

Wie gehen Rechtsmediziner mit dem Tod um?

Uns wurde es so erklärt, dass der Tod nun mal zum Leben dazu gehört.
Die Rechtsmedizinerin, die uns betreute, wusste zum Beispiel schon als Teenager, dass sie sich später mit ungeklärten Todesursachen befassen möchte und kein Problem damit hat, tote Menschen zu sehen.
Schlimme Fälle, die ihr auch ans Herz gehen, seien meistens kleine Kinder, die schon eine „kleine Persönlichkeit“ entwickelt haben.
Aber auch da muss man in diesem Job durch und sich immer im Klaren darüber sein, dass die Leiche praktisch ein „Objekt“ zum Arbeiten ist und es für wichtige Zwecke (Familienmitglieder, Gericht,..) notwendig ist, ungeklärte Todesursachen aufzudecken.

Fazit: Es war ein sehr lehrreicher und interessanter Vormittag, der einem so schnell nicht mehr aus dem Kopf geht!